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Der Kampf zwischen Intuition und Daten: Wann sollten Vermarkter auf ihr Bauchgefühl vertrauen?

Führungskräfte sind oft stolz auf ihre Fähigkeit, weiß es einfach wenn etwas richtig oder falsch ist. Intuition – das Bauchgefühl, das uns zuflüstert (oder manchmal anschreit) – kann ein mächtiger Führer sein, besonders bei Entscheidungen, bei denen viel auf dem Spiel steht. Aber so sehr uns der Instinkt auch gute Dienste leisten kann, er kann uns auch in die Irre führen, oft auf vorhersehbare Weise.

Wann sollten wir also unserem Bauchgefühl vertrauen und wann sollten wir es in Frage stellen? Die Antwort liegt darin, zu verstehen, wo die Intuition sich auszeichnet, wo sie versagt und wie Daten sowohl als Leitplanke als auch als Orientierungslicht dienen können.

Die Vorhersagekraft der Intuition im Geschäftsleben

Manche Geschäftsinstinkte entwickeln sich über Jahre der Mustererkennung. Das nennen Psychologen implizites Wissen— das tief verwurzelte Fachwissen, das aus Erfahrung und nicht aus expliziter Unterweisung kommt. Forschung von Gary Klein, ein kognitiver Psychologe, der für seine Arbeit zur Entscheidungsfindung bekannt ist, fand heraus, dass Experten in Bereichen wie der Brandbekämpfung und der Medizin sich oft mit bemerkenswerter Genauigkeit auf ihre Intuition verlassen, weil sie Muster verinnerlicht haben, die dem ungeübten Auge entgehen.

Ein praktisches Beispiel aus der Wirtschaft: der schmerzhafte Kunde, der sich nie ändert.

Die meisten Unternehmensleiter, insbesondere diejenigen im Kundendienst oder Vertrieb, sind schon in Situationen geraten, in denen frühe Warnzeichen – unangemessene Forderungen, unregelmäßige Kommunikation oder ein allgemeines Unbehagen – auf bevorstehende Probleme hindeuten. Oft liegen diese Instinkte goldrichtig. Ein problematischer Kunde, der vom ersten Tag an Kopfschmerzen bereitet, verwandelt sich selten in einen Traumkunden. Dennoch ignorieren Unternehmen diese Signale häufig und glauben, sie könnten fixieren die Beziehung, nur um die verschwendete Zeit und Energie zu bereuen.

Hier kommt die Intuition zum Tragen: basierend auf wiederholter Konfrontation mit ähnlichen Situationen mit klaren Ursache-Wirkungs-Ergebnissen. Wenn ein bestimmtes Verhalten zuverlässig zu Problemen geführt hat, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass dies erneut der Fall sein wird. In diesem Fall ist es oft sicherer, auf sein Bauchgefühl zu vertrauen, als darauf zu warten, dass Daten bestätigen, was man bereits vermutet.

Die falsche Zentralität unserer Marke im Leben eines Kunden

Während uns Intuition in bestimmten Kontexten gute Dienste leistet, führt sie uns oft in die Irre, wenn wir einem Thema zu nahe stehen – insbesondere unserer eigenen Marke. Geschäftsinhaber, Vertriebsteams und Marketingfachleute leiden häufig unter der Falsch-Konsens-Effekt, eine kognitive Verzerrung, bei der wir überschätzen, wie sehr andere wie wir denken oder sich für die gleichen Dinge interessieren wie wir.

Ein klassischer Marketingfehler: davon ausgehen, dass unsere Marke im Mittelpunkt der Welt des Kunden steht.

Intern analysieren wir jedes Detail unserer Botschaften, sind besessen von unseren Kampagnen und gehen davon aus, dass die Kunden genauso viel Wert auf unsere Produkte legen wie wir. In Wirklichkeit denken die meisten Kunden jedoch bei weitem nicht so viel über unsere Marke nach wie wir.

Ein typisches Beispiel: Studien zur Markenerinnerung zeigen immer wieder, dass Verbraucher sich nur schwer an Werbung erinnern können, die sie nur wenige Tage zuvor gesehen haben. Bloßer Belichtungseffekt, zuerst untersucht vom Psychologen Robert Zajoncerklärt, warum Wiederholung notwendig ist – die meisten Nachrichten dringen beim ersten Versuch nicht durch den Lärm.

Die Intuition könnte uns sagen, „Wir haben Monate in die Kampagne investiert und es wird die beste, die wir je hatten!“ Wenn wir jedoch aus unserer Marketingblase heraustreten, erkennen wir, dass Kunden täglich mit Tausenden von Nachrichten bombardiert werden. Tests und Daten – Öffnungsraten, Konversionsraten, Retention-Metriken – geben uns den Realitätscheck, den wir brauchen, um zu beurteilen, ob unsere Annahmen zutreffen.

Der Blaseneffekt: Industrie, Mitarbeiter und soziale Echokammern

Eine weitere große Falle der Intuition ist die Gruppendenken-Effekt—wo Unternehmen Entscheidungen auf der Grundlage einer in sich geschlossenen Feedbackschleife von internen Teams, Branchenkollegen und persönlichen Netzwerken treffen. Dies ist ein großes Risiko bei der Strategieentwicklung, denn es führt zu Affinitätsbias– die Tendenz, den Ideen der Menschen in unserem unmittelbaren Umfeld zu vertrauen und dabei die Sichtweisen von außen außer Acht zu lassen.

Ein Unternehmen könnte beispielsweise davon ausgehen, dass ein neues Produkt ein Erfolg wird, weil jedermann in ihrem Büro oder beruflichen Netzwerk liebt es. Das Problem? Die Menschen in unseren Organisationen, Branchen und sozialen Kreisen sind nicht unbedingt unsere Kunden.

Dies passiert häufig in Tech-Startups, wo Gründer Produkte für Leute wie sie selbst entwickeln, nur um dann festzustellen, dass ihre Zielgruppe andere Vorlieben hat. Ein wirksames Gegenmittel dagegen ist die Nutzung Kundengewinnungsforschung– strukturierte Interviews und datengesteuerte Erkenntnisse, die interne Annahmen in Frage stellen und blinde Flecken aufdecken.

Die Bedeutung des Testens: Wenn unsere Intuition uns einfach im Stich lässt

Trotz all unserer Erfahrung liegen wir immer noch falsch, selbst wenn die Signale offensichtlich erscheinen. Das liegt daran, dass die menschliche Intuition nicht unfehlbar ist – sie unterliegt Confirmation Bias (sehen, was wir sehen wollen), Verfügbarkeitsbias (Übergewichtung neuerer Beispiele) und Überlebensvoreingenommenheit (Konzentration auf Erfolge und Ignorieren von Misserfolgen).

Die besten Vermarkter, Vertriebsleiter und Führungskräfte wissen, dass Tests kein Zeichen schwacher Intuition sind – sondern ein Mittel, diese zu schärfen.

  • A / B-Tests: Vermarkter oft fühlen dass eine Anzeige besser abschneidet als eine andere, aber nur Tests werden die Wahrheit ans Licht bringen. Studien zeigen, dass menschliche Vorhersagen zur Leistung von Anzeigen häufig nur geringfügig besser sind als der Zufall.
  • Verkaufstaktiken: Ein Vertriebsmitarbeiter glaubt möglicherweise, dass ein bestimmtes Skript der beste Ansatz ist, aber Daten aus Anrufaufzeichnungen und abgeschlossenen Geschäften könnten das Gegenteil beweisen.
  • Preisstrategien: Unternehmen gehen häufig davon aus, dass sie wissen, was Kunden bezahlen werden. Die Verhaltensökonomie (wie Dan Arielys Forschung über Preisverankerung) zeigt, dass kleine Änderungen die Kaufbereitschaft dramatisch verändern können.

Durch Tests wird unsere Intuition verfeinert und wir können zwischen verlässlichen Ahnungen und Wunschdenken unterscheiden.

KI: Der ultimative Partner zur Verbesserung der Intuition

Wir treten in eine spannende Phase ein, in der künstliche Intelligenz (AI) ist nicht nur die Automatisierung von Aufgaben, sondern verbessert unsere Fähigkeit, bessere Entscheidungen zu treffen, indem wir unsere Intuition verfeinern. KI ist einzigartig positioniert, um uns dabei zu helfen, Muster zu erkennen, deren Entwicklung durch traditionelle Erfahrung Jahre dauern könnte. Anstatt die Intuition zu ersetzen, fungiert KI als kognitiver Verstärker, und hilft uns, Vorurteile aus der Vergangenheit zu erkennen, Bauchgefühle mit Daten zu bestätigen und neue kreative Erkenntnisse zu gewinnen.

Für Vertriebs- und Marketingfachleute können KI-gesteuerte Analysen frühe Anzeichen von Kundenunzufriedenheit erkennen, sodass Unternehmen handeln können, bevor kleinere Probleme eskalieren. Im Branding und Messaging kann KI mehrere Kampagnenvarianten in großem Maßstab testen und uns helfen, die Effekt eines falschen Konsenses indem wir Echtzeit-Feedback von unterschiedlichen Zielgruppen bereitstellen, anstatt uns ausschließlich auf interne Perspektiven zu verlassen.

Auch KI spielt dabei eine entscheidende Rolle Verhaltensmodellierung, analysiert riesige Verbraucherdaten, um Engagement-, Konversions- und Bindungsraten vorherzusagen. Es beseitigt die blinden Flecken, die durch Branchenblasen und Echokammern entstehen, und bietet einen Realitätscheck gegen das übermäßige Vertrauen in unsere Instinkte. Noch wichtiger ist, dass KI-gesteuerte Kreativitätstools Unternehmen dabei helfen, frische Ideen zu entwickeln, umfangreiche Markteinblicke zu synthetisieren und neue Ansätze des Storytellings zu erkunden, die allein durch Intuition vielleicht nicht entstanden wären.

Der Sweet Spot: Kombination aus Intuition, Daten und KI

Die erfolgreichsten Unternehmensführer entscheiden sich nicht zwischen Intuition und Daten – sie integrieren beides, jetzt mit dem zusätzlichen Vorteil der KI. Sie vertrauen ihrem Instinkt, wenn die Erfahrung ein Muster konsequent bestätigt hat, erkennen aber auch, wenn Vorurteile ihre Perspektive verzerren. Sie erkennen, dass die Kunden nicht so sehr auf ihre Marke fixiert sind wie sie selbst, und unternehmen Schritte, um zu messen, was wirklich den Ausschlag gibt. Mit KI als strategischem Verbündeten verfeinern sie ihr Bauchgefühl, validieren Annahmen mit realen Beweisen und erschließen neue kreative Möglichkeiten, die allein nur schwer zu erkennen gewesen wären.

Letzten Endes basieren die stärksten Unternehmen nicht nur auf Bauchgefühlen und werden auch nicht nur von Daten getrieben. Sie gedeihen an der Schnittstelle – wo Weisheit auf Beweise trifft, wo menschliche Einsicht auf maschinelle Intelligenz trifft und wo das Wissen, wann wir unseren Instinkten vertrauen (und wann wir sie herausfordern) sollten, zu einem mächtigen Wettbewerbsvorteil wird.

Douglas Karr

Douglas Karr ist Chief Marketing Officer mit Schwerpunkt auf SaaS- und KI-Unternehmen. Dort unterstützt er Marketingaktivitäten, die Nachfragegenerierung und die Umsetzung KI-gestützter Strategien. Er ist Gründer und Herausgeber von Martech Zone, eine führende Publikation in… Mehr »
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